die eisenbahnromanze     (T.: Torsten / M.: Torsten)

vor zwei wochen und vorm bahnhof / hab ich sie zuerst gesehn
als der regen mir vom haar troff / doch ich blieb verzaubert stehn
die begegnung unsrer augen / flüchtig zwar doch lang genug
daß die worte nichts mehr taugen / dann stieg sie in ihren zug

lange blieb ich noch so stehen / atmete noch ihren duft
hab verträumt ihr nachgesehen / bis die wirklichkeit mich ruft
denn man gönnt mir keine pause / und mein job ist wirklich schwer
diese schiene mein zuhause / bin im zug der kontrolleur

seh´ nun täglich in gesichter / keines ist dem andern gleich
nette leute bösewichter / dick und dünn und arm und reich
doch das schönste aller wesen / geht mir nicht mehr aus dem sinn
zärtlich aus dem kursbuch lesen / würd´ ich nachts dem holden kind

meine liebe zu beweisen / gäb ich ihr ´nen freifahrtschein
ich auf arbeit sie auf reisen / nie getrennt würden wir sein
gestern trafen wir uns wieder / wieder streifte mich ihr hauch
schlugen wir die augen nieder / als sie einstieg und ich auch

röte stieg in ihre wangen / sicher fühlt sie so wie ich
kosend möcht ich sie umfangen / aber nein es ruft die pflicht
also trat ich in die mitte / die dienstmütze in der hand
klang mein satz "den fahrschein bitte!" / so wie nie zuvor charmant

danach müßten wir uns trennen / uns vielleicht nie wieder sehn
würd´ ich auch ihr ziel dann kennen / dürfte doch nicht mit ihr gehn
doch o nein sie ließ mich warten / noch in ihrer nähe sein
um zu seh´n wie ihre zarten / hände suchten nach dem schein

ich genoß jede sekunde / bis ich ganz die zeit vergaß
bis ich hört´ aus ihrem munde / ein geständnis das mich fast
meiner letzten kraft beraubte / die mich auf den beinen hielt
sie an die ich doch so glaubte / war´s die schmählich mich verriet

o wie ließ ich mich nur blenden / von so schnöder eitelkeit
und quittier mit feuchten händen / diese ordnungswidrigkeit
schweigend bin ich heimgefahren / nur verachtung im gesicht
denn wer schwarz fährt schon seit jahren / der verdient die liebe nicht